"Der will ja nur spielen - spielen Hunde wirklich?"


Die Frage ob Hunde miteinander tatsächlich spielen, oder ob es sich hierbei lediglich nur um "Rangkämpfe" handelt wird sehr kontrovers diskutiert. Viele Trainer gehen mittlerweile sogar soweit, dass sie den Hundehaltern empfehlen Sozialkontakte zu anderen Hunden ganz zu unterbinden. Aber ist das der richtige Weg? Gehören diese Kontakte nicht auch zu den Grundbedürfnissen meines Hundes Chiru? Bisher hatte ich mich eigentlich immer gefreut, wenn wir andere Hunde beim Spaziergang getroffen haben und Chiru mit ihnen "spielte"...

Oft  ist der Unterschied Spiel und Konflikt kaum erkennbar


Bei uns in der Nachbarschaft wohnt seit einigen Monaten ein weißer Schäferhund-Rüde, Shary. Chiru fand ihn als Welpe eher langweilig und beachtete ihn kaum. Als Shary ca. sechs Monate alt war, fing Chiru an ihn mehr Aufmerksamkeit zu "schenken" und war auch einer "Rennrunde" über dem Acker nicht abgeneigt. Vor einigen Tagen traf ich das Ehepaar beim Spazierengehen in unserem Wäldchen und beide Hunde fingen an miteinander um die Wette zu rennen. Shary ist mittlerweile deutlich größer als Chiru und wiegt gute 25 kg mehr als er. Ich selber unterhielt mich angeregt mit Shary´s Frauchen und ließ mir die neuesten Hundeschulerfolge berichten. Aus dem Augenwinkel bekam ich lediglich mit, dass die beiden Rüden angefangen hatten miteinander zu raufen - beachtete die Situation jedoch nicht weiter. Nach einiger Zeit waren Shary und Chiru immer noch miteinander am Kämpfen und ich bemerkte, dass Chiru vollkommen außer Atem und erschöpft war, aber auf keinen Fall unter Shary auf den Rücken liegen wollte. Sehr erschrocken beendete ich die Situation und verabschiedete mich hastig mit Chiru wobei mir Shary´s Besitzerin noch nachrief "Ach wie schade - die Beiden haben doch gerade so schön gespielt..."

 

 

Woran hätte ich merken können das es kein Spiel mehr ist?


Nach der Definition im Duden bedeutet "spielen" sich zum Vergnügen, Zeitvertreib und allein aus Freude an der Sache selbst auf irgendeine Weise betätigen, mit etwas beschäftigen. Bei Hunden erkennt man das häufig daran, dass die Rollen beim Toben fließend wechseln. Mal ist der Hund Jäger - mal ist auch der Gejagte und es gibt keine Rangfolge.  Die Beute, wie zum Beispiel  ein Stöckchen wechselt den Besitzer und jeder der Spielpartner ist mal der Gewinner.Typisch ist hierbei auch die "Spielstellung (siehe Foto unten), eine übertriebene Mimik und lautes Knurren und Bellen.

 

Bei Shary und Chiru war es jedoch so, dass bereits beim Rennen durch den Wald jeder der beiden der Schnellere sein wollte. Shary fing ganz gezielt an Chiru hierbei  durch Körpereinsatz zum Unterliegen zu bringen. Chiru wollte sich dies auf keinen Fall bieten lassen und versuchte seine Rangposition, des älteren Rüden, beizubehalten. Chiru ging hierbei weit über seine körperlichen Grenzen hinaus und hätte auf keinen Fall von sich aus aufgeben.

 

WaS HABE ICH IN DER sITUATION FALSCH GEMACHT?


Den großen Vorwurf den ich mir bei der Situation machen muss ist, dass ich die Situation ständig im Auge hätte behalten müssen. In dem Moment in dem ich Chiru den Sozialkontakt mit Artgenossen gewähre muss ich auch das Geschehen im Auge behalten, die Körpersprache der Hunde richtig deuten können und bei Bedarf einschreiten. "Das machen die Hunde schon unter sich aus...!" - hört man häufig. Aber hat ein 44 cm großer Hund eine Chance gegen einen dreimal so schweren und 60 cm großen Rüden?

 

Spielen Hunde auch aus reinem Vergnügen miteinander?


Diese Frage würde ich persönlich mit "ja" beantworten. Chiru spielt mit ihm bekannten Hunden sehr gerne. Ein Beispiel hierfür sind die Australian Shepherds einer Bekannten. Gioia und ihr Frauchen haben wir vor vielen Jahren in der Hundeschule kennengelernt und beide Hunde sind miteinander groß geworden. Auch Gioia´s Nachwuchs fügte sich problemlos in die Hundefreundschaft ein und die Gruppe harmonisiert miteinander.

 

Obwohl die "Aussies-Mädels" Chiru in Größe und Gewicht körperlich weit überlegen sind, ist jeder der Spielpartner der Gewinner des Stockes und lässt ihn sich auch gerne wieder abnehmen. Bei Chiru merke ich, dass er nach so einem gemeinsamen Nachmittag mit ihnen viel ausgeglichener ist und ihm das "Spielen" hilft angestauten Stress abzubauen.

Worauf sollte man bei Sozialkontakten zu fremden Hunden achten?


Ich habe mich von dem Gedanken losgelöst, dass Chiru zu jedem Hund der uns begegnet Kontakt aufnehmen muss. Chiru benötigt eine relativ große Individualdistanz zu Artgenossen und ich sehe vielmehr meine Aufgabe darin, ihn diese auch zu ermöglichen. Nicht jeder Hund mag größerer Hundetreffs und -spaziergänge und ich finde dies sollte man auch akzeptieren und ich versuche auf Chiru zu achten, ob ihn eine Situation überfordert. Mittlerweile habe ich gelernt einzuschätzen, ob Chiru mehr Kontakt zu einem Hund haben möchte. Vor kurzem "verliebte" sich Chiru unterwegs in einen kleine kastrierten Rüden und es war einfach nur schön zu beobachten, wie vergnügt die beiden miteinander um die Wetter rannten und ein Bad im Bach nahmen. Ich versuche hierbei aber die Situation im Auge zu behalten und achte auf die Körpersprache des fremden Hundes. Erscheint mir eine Situation als gefährlich vom Spiel in den Konflikt zu kippen, beende ich das Spiel und gehe mit Chiru weiter.