Wie bestimmt viele von euch, wünsche auch ich mir eine enge Mensch-Hund Beziehung zu Chiru. Der Buchhandel und das Internet bieten hierfür unzählige Ratgeber und Erziehungsbücher an und auch im Fernsehen gibt es mittlerweile zahlreiche Sendungen, die uns den richtigen Weg zur perfekten Mensch-Hund-Beziehung zeigen.
Alle diese Ratgeber und Fernsehsendungen richten ihren Fokus hierbei darauf, dass Hundeverhalten in die richtigen Bahnen zu lenken. Grundgehorsam, Rudelsführung, Reccourcenbeschränkung und Futterbeutel sind nur einige Schlagworte die uns hierbei immer wieder begegnen. Aber funktioniert das ganze wirklich so einseitig? Wie sieht es mit meinem eigenen Verhalten gegenüber Chiru aus? Spielt das eine untergeordnete Rolle? Meiner Meinung nach nein!
Betrachten wir die Beziehung einmal in Form einer Waagschale - Chiru hat schon einiges in seine Schale geworfen:
Was werfe ich für mich in die Waagschale? Würde ich auf die vielen Hunderatgeber hören, würde ich wieder an den Fähigkeiten meines Hundes arbeiten, aber nicht an meinem eigenen Einsatz. Zum Glück
gibt es heute schon ganz viele 2Beiner, die mit ihren Hunden ganz andere Ziele anstreben und die den Begriff "Unterordnung" zwecks Verstärkung der Bindung Mensch-Hund, für sich
gegen "Liebe und Vertrauen" ausgetauscht haben.
Ich könnte und sollte daher u.a. in meine Schale werfen, dass
Der erste Gedanke ist jetzt bei vielen von euch bestimmt "aber das mache ich doch schon längst...". Aber wie können wir unserem Hund das auch im täglichen Umgang miteinander beweisen? Hier
sind ein paar kleine Beispiele die leicht umzusetzen sind.
Natürlich ist es wichtig, dass mein Hund "Regeln" kennt und sie einhält, um Gefahren wie zum Beispiel Verletzungen im Straßenverkehr zu vermeiden. Aus diesem Grund hatte ich mit Chiru von Anfang
an geübt, dass er am Straßenrand "Sitz" machen sollte. Sinn würde diese Übung aber dann nur machen, wenn Chiru immer und automatisch am Straßenrand sitzen würde, ohne dass er von mir den Befehl
dazu bekommt. Ist das für ihn angenehm im Sommer, wenn der Asphalt sich so richtig erhitzt hat? Wie ist es für einen Kurzhaarhund, wenn er im Winter im dicken Schnee vor jeder
Straßenüberkehrungen sitzen bleiben muss? Wäre es nicht viel sinnvoller und effektiver, wenn wir unserem Hund von Anfang an den Begriff "Stopp" beibringen würden?
Ich erlebe bei unserem Spaziergängen immer wieder Menschen, die ihren Hund auf dem nassen Boden "Platz" machen lassen, um ihm zu vermitteln, dass er es in jeder Situation den Befehl seines
"Hundeführers" befolgen muss. Was habe ich damit gewonnen?
Natürlich ist es wichtig, dass mein Hund gewisse Regeln befolgt, um ihn wie oben beschrieben vor Gefahren zu schützen. In dem ich meinen Hund beibringe sich richtig zu benehmen, biete ich ihm
auch die Möglichkeit mich überall zu begleiten. Im Fokus muss hierbei aber auch immer das Wohl des Hundes stehen. In dem ich meinen Hund alles beibringe was ihn vor Gefahren im Schützt, im helfe
mit unserer gemeinsamen Umgebung klarzukommen, zeige ich ihm auch, dass er mir vertrauen kann.
Fast in jedem Hundeerziehungsbuch fällt spätestens nach ein paar Seiten der Begriff der Reccourcenverwaltung. Wir sollen alle Privilegien wie Nahrung, Wasser, Spielzeug, Schlafplatz etc.
verwalten und über die Zuteilung entscheiden. Der Sinn der hierfür?
Chiru ist ein Hund der sich gerne in sein Körbchen zurückzieht, wenn es ihm zu trubelig oder laut wird. Für mich ist diese Rückzugsmöglichkeit für ihn wichtig und ich störe ihn dort nicht, wenn
es nicht erforderlich ist. Es ist "sein" Platz - denn ich nicht für mich beanspruche und sein Bedürfnis nach Ruhe auch akzeptiere.
In der Hundeschule hat man uns geraten den Hund beim Füttern erst "Sitz" machen zu lassen und den Napf mit einem "o.k." freizugeben. Zwischendurch sollte man immer wieder mal den Napf wegnehmen,
um die Rudelsführung deutlich zu machen. Macht es wirklich Sinn, ihn mehrmals zwischendurch den Napf wegzunehmen, um ihn zu demonstrieren, dass ich die Macht dazu habe? Hat nicht auch Chiru ein
Recht darauf ungestört zu fressen? Bei uns steht ein kleines Körbchen mit Chiru´s Kauknochen, aus dem er sich jederzeit bedienen darf. Muss ich ihm wirklich ständig die Kaustange wieder weg
nehmen? Natürlich ist es wichtig, dass ich meinem Hund jederzeit etwas verbotenes aus dem Maul nehmen darf, um Gefahren für ihn abzuwenden. Bei Chiru funktioniert, dass wunderbar als
Tauschgeschäft und auf die Aufforderung "Tauschen?!" gibt er bereitwillig sofort alles ab.
Fühlen wir uns mit einem Menschen wohl, der nur in kurzen abgehackten Worten im Militärton mit uns spricht? Hört Chiru besser auf mich, wenn ich ihm das mit lauten und kurzen Wörtern im Befehlsjargon etwas befehle? Ich habe eine liebe Freundin mit einer Tibet Terrier-Hündin Socke. Wird Socke gerufen ist das fast immer mit einem freundlichen "Bitte" verbunden - "Socke kommst du bitte..." Und das tolle Söckchen kommt immer begeistert angelaufen und freut sich, dass sie gerufen wurde :-). Verstehst Socke das Wort "Bitte" - wohl eher nicht. Aber ein kleiner Selbsttest macht es schnell klar - es ist ein deutlicher Unterschied, ob ich "Socke HIER!" laut rufe oder ein fröhliches "SOCKE komm bitte". Wie so oft im Leben macht einfach der "Tonfall die Musik" und unsere Hunde reagieren viel lieber auf einen nette und freundliche Stimme. Voraussetzung hierfür ist, dass unsere Grundeinstellung auch "positiv" sein muss. Unsere Hunde spüren, ob wir uns verstellen.
Ich gehe gerne in der Stadt shoppen - Chiru ist unsicher in großen Menschenmengen. Muss ich ihn überall mitnehmen, nur weil ich nicht gerne ohne ihn unterwegs bin? Hat er es nicht viel
gemütlicher alleine in seiner gewohnten Umgebung. Natürlich bin ich dann unterwegs zeitlich nicht so flexibel, aber das sollte doch kein Problem sein, oder? Etliche Hunde werden bei uns auf der
jährlich stattfindenden Cranger Kirmes genommen - für mich der blanke Horror für jeden Vierbeiner! Würde ich mich mehrere Stunden auf einer Straßenbaustelle mit Presslufthammer ohne Ohrenschutz
wohlfühlen? So ähnlich stelle ich mir einen Rummelplatz für Chiru vor.
Viele von euch kennen sicher das schöne Gefühl, wenn man krank im Bett liegt und der Hund liegt die ganze Zeit bei einem. Ist es nicht selbstverständlich, dass wir genauso für ihn da sind, wenn
er krank ist? Jeder schläft gerne am Wochenende etwas länger - aber zum Glück treffen Chiru und ich an heißen Sommertagen ganz viele Hundebesitzer schon , um 6 Uhr im Feld, damit die Hunde
bei kühleren Temperaturen einen größeren Spaziergang machen können...
Umso länger ich über das Thema nachdenke, umso mehr Dinge werden mir bewusst, die ich dafür machen kann, dass ich und Chiru eine enge Beziehung, vielleicht sogar die unsichtbare Leine zwischen
uns besteht:
Ich Sali muss... und nicht Chiru muss... an unserer Bindung arbeiten!