Gibt es sie tatsächlich: Charaktereigenschaften die für eine Hunderasse typisch sind? Jeder von euch kennt bestimmt die Aussagen: "Mein Hund schwimmt sehr gerne - das ist ja typisch für den Golden Retriever!" Oder: "ja Charly ist sehr verfressen - bei Labradoren muss man da sehr aufpassen". Unser Nachbarshund Freddy bellt gerne - das ist bei den Terriern so, sagt sein Frauchen nur dazu.
Auch Probleme in der Erziehung werden gerne auf die angeborenen Wesenseigenschaften der Rasse geschoben. Ich bin da keine Ausnahme und ertappe mich häufig selber dabei. Ein gutes Beispiel sind die gemeinsamen Spaziergänge mit meiner Freundin und ihren Australien Shepherd. Sammy hört deutlich besser als Chiru - leider. Meine Begründung hierfür ist einfach: Beide Rüden sind zwar Hütehund, aber Chiru fehlt das typische "will to please", dem Wunsch seinem Menschen zu gefallen. Klar seine Aufgabe war es ja auch die Herde selbstständig zu hüten - kann man da erwarten, dass er zum einfachen Befehlsempfänger wird?! Meine Freundin glaubt nicht daran, sondern sieht es eher als ein Zeichen meiner mangelnden Konsequenz bei Chiru.
Was ist typisch für Chiru? Welche Eigenschaften hatte ich bisher oft auf den Tibet Terrier geschoben und stimmt das tatsächlich? Ich suchte nach Antworten und fand diese in der Facebook-Gruppe
"Tibet Terrier - Eine Rasse mit tausend Gesichtern". Ich stellte dort sieben Charaktereigenschaften von Chiru vor, die meiner Meinung nach typisch für die Rasse sind. Dann bat ich die
Mitglieder zu beantworten, ob diese auch auf ihren Tibet Terrier zutreffen. Soviel möchte ich vorweg nehmen - ich war über das Ergebnis doch ein wenig erstaunt.
Chiru: Diese Eigenschaft nennt auch der FCI-Standard und ist bei Chiru sehr ausgeprägt. Er ist nicht nur zurückhaltend, sondern er ignoriert fast 95 % aller Menschen. Das bezieht sich nicht auf Spaziergänger, Radfahrer und Jogger, sondern auch auf meinen Bekannten- und Freundeskreis.
Die Antwort in Facebook: Von den 47 Tibet Terriern verhielten sich 68 Prozent der Hunde genauso wie Chiru - zurückhaltend. Für 32 Hunde wurde die Frage daher mit "ja" beantwortet. 13 Tibet Terrier sind Fremden gegenüber eher aufgeschlossen oder freuen sich sogar. Mit einem "ja/nein" wurde die Frage 1 beantwortet.
Chiru: Anhänglich ja - verschmust nein. Chiru ist überall gerne dort wo ich bin, aber gerne mit etwas Abstand. Er ist kein Hund, der den ganzen Abend bei mir auf dem Sofa kuschelt. Er mag es, wenn er gekrault wird - bestimmt aber auch das Ende für sich.
Die Antwort in Facebook: 27 der 47 Tibet Terrier lassen sich gerne kraulen oder sind sogar richtige "Schmuseteddys". Wobei viele von ihnen auch gerne den Zeitpunkt bestimmen. Bei 16 Tibet Terriern wurde die Frage mit "nein" beantwortet und 4-mal mit einem "Ja/Nein".
Chiru: Darf der Hund ins Bett ja oder nein? Diese Frage stellte sich bei uns erst überhaupt nicht. Chiru ist es im Bett einfach viel zu warm und er liegt viel lieber auf dem kühleren Boden.
Die Antwort in facebook: 31 Tibet Terrier bevorzugen genau wie Chiru den kühlen Boden und nur 10 liegen lieber mit im Bett. Bei 6 Hunden wurde "Ja/Nein"
vermerkt.
Chiru: Temperaturen über 15 Grad empfindet Chiru schon als unzumutbare Hitze. Er ist sehr wärmeempfindlich und verweigert sofort jeden Spaziergang. Er liebt kühlere Temperaturen und bevorzugt eindeutig den Winter. Liegt dann noch Schnee ist seine Hundewelt perfekt für ihn.
Chiru: Ich nenne das bei uns immer den "tibetischen Notfall" - ab 15 Grad ist es so heiß, dass "Mr. Wichtig" - auch Chiru genannt, sein Bauch im Bach, Kanal oder ähnlichem kühlen muss. Hierbei wird sorgfältig darauf geachtet, dass man den Boden nicht unter den Pfötchen verliert und das Fell am Kopf nicht nass wird. Vor Jahren habe ich einmal versucht Chiru das Schwimmen im Meer beizubringen - ohne Erfolg.
Ein Auszug aus den vielen Antworten:
Ein für mich erfreuliches Ergebnis vorweg: Chiru ist typisch Tibet Terrrier, wenn er auf meinen Rückruf nicht sofort kommt, sondern erst einmal überlegt, ob das auch Sinn macht. Ob ein Hund verschmust ist oder Körpernähe mag, scheint aber eher eine persönliche Vorliebe zu sein und ist nicht Rassetypisch für den Tibet Terrier. Am meisten überrascht war ich darüber, dass viele Tibet Terrier überhaupt nicht so wärmeempfindlich sind, wie ich bisher dachte.
Mein persönliches Fazit nach der Umfrage ist, dass es tatsächlich typische Rasseeigenschaften gibt, die angeboren sind. Gerade das selbständige Handeln scheint ein sehr stark ausgeprägter Wesenzug beim Tibet Terrier zu sein. Führt man sich jedoch vor Augen, dass der Tibet Terrier früher als Hütehund Ziegen-, Schaf- und Yakherden, ohne Hirte in mehr als 4.000 m Höhe zusammen hielt, ist das nicht verwunderlich. Außerdem musste er die Herde und das Lager vor Feinden aller Arten warnen. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass einige Tibet Terrier sich bis heute noch immer sehr zurückhaltend gegenüber fremden Menschen verhalten. Wofür eine Rasse ursprünglich gezüchtet wurde, hat daher meiner Meinung nach bis heute einen großen Einfluss auf das Verhalten unserer Hunde. Warum schwimmen viele Tibet Terrier so ungerne? Ein Grund hierfür könnte sein, dass sein Fell sehr lange Zeit zum Trocknen benötigt. Bei dem rauen Klima aus dem der Tibet Terrier stammt, birgt das für ihn gesundheitliche Risiken. Also könnte auch die Herkunft der Rasse eine Rolle spielen.